Ambrosia: Wie gefährlich ist die Asthma-Pflanze und wie schützen sich Allergiker?

Ambrosia – was in der Mythologie als „Speise der Götter“ galt, sorgt heute für tränende Augen, Atemnot und Asthmaanfälle. Das unscheinbare Kraut, auch „Asthma-Pflanze“ genannt, gehört zu den gefährlichsten Allergieauslösern in Deutschland. Schon wenige Pollen reichen, um starke Beschwerden hervorzurufen – und selbst Menschen ohne bekannte Allergien können betroffen sein.
„In diesem Jahr befinden wir uns noch am Anfang der Saison, über einen speziellen Verlauf können wir also noch nichts sagen“, erklärt Anke Kniffka vom Zentrum für Medizin-Meteorologische Forschung Freiburg des Deutschen Wetterdienstes (DWD). Was man über die nach Deutschland eingeschleppte Pflanze wissen muss:
Pollen der Ambrosia - im Fachjargon Beifußblättriges Traubenkraut (Ambrosia artemisiifolia) genannt - haben laut Umweltbundesamt (UBA) ein fünfmal höheres Allergiepotenzial als Gräserpollen.
Eine einzelne Ambrosia-Pflanze kann bis zu einer Milliarde Pollen freisetzen. Dabei genügen schon wenige Körner, um allergische Reaktionen auszulösen. Anders als bei Gräserpollen können bei Ambrosia bereits fünf Pollen pro Kubikmeter Luft Symptome wie Niesen, tränende Augen, Hautausschläge oder sogar Asthma hervorrufen.
Rund 80 Prozent aller Pollenallergiker reagieren auf Ambrosia – und viele entwickeln daraus eine dauerhafte Allergie. Mit unangenehmen Folgen: Die Nase läuft, die Augen jucken, es kann zu Asthma-Anfällen mit Atemnot kommen.
Besonders betroffen sind laut der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst Allergiker, die auf Gemeinen Beifuß (Artemisia vulgaris) reagieren. Hintergrund ist eine hohe Kreuzreaktivität: Beifußallergiker reagieren auf Pollen beider Arten.
Besonders tückisch ist: Berührt man eine Ambrosia-Pflanze, sind außerdem Kontaktallergien möglich, erklärt die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW). Es drohen Hautausschläge und Ekzeme.
Laut der öffentlichen Datenbank DAISIE (Delivering Alien Invasive Species In Europe) zählt Ambrosia zu den 100 „schlimmsten“ invasiven Arten.
Die Ambrosia blüht von Juli bis Oktober. Dem Polleninformationsdienst zufolge kann Ambrosia noch bis zum Absterben beim ersten Frost Pollen produzieren und abgeben. Durch ihre späte Blütezeit verlängert sie die Pollensaison bis in den Herbst hinein, wie der Deutsche Allergie- und Asthmabund (DAAB) schreibt – eine zusätzliche Belastung für Allergiker, die eigentlich mit dem Ende des Sommers aufatmen könnten. US-Studien zeigen, dass Ambrosia doppelt so häufig Asthma auslöst wie andere Pollenpflanzen.
Unter anderem bietet der DWD im Internet einen Pollenflug-Gefahrenindex. Hier kann man sich für den aktuellen und die kommenden beiden Tage dazu informieren, wie hoch die Belastung in verschiedenen Regionen ist. Die Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst veröffentlicht auf ihrer Homepage unter anderem eine Wochenpollenvorhersage für Deutschland.
Ambrosia ist laut Polleninformationsdienst zwischen 15 und 180 Zentimeter hoch. Die Stängel der einjährigen Pflanze seien stark verzweigt und zur Blütezeit leicht rötlich gefärbt. Bei der Bestimmung sollte man der LUBW zufolge insbesondere auf die Blattform, die Blattunterseite und Behaarung des Stängels achten. Die Blattunterseite sei nur wenig heller gefärbt als die Blattoberseite.
Bei einer Größe von etwa 10 bis 15 Zentimetern legt sie zudem eine Wachstumspause ein. Während also alle anderen Pflanzen munter weiter wachsen, hält die Ambrosia inne. Hier sollte man skeptisch sein und genauer überprüfen, ob es sich um die lästige Allergie-Pflanze handeln könnte.

So erkennt man Ambrosia:
- Ambrosia hat sehr unscheinbare Blüten, die an unterschiedlichen Stellen der Pflanze sitzen
- Die weiblichen Blüten befinden sich in Knäulen angeordnet in den Blattachseln
- Die männlichen Blüten stechen als dichte Trauben aus den Sprossenden hervor und stäuben tausende gelbe Pollen aus
- Die Wuchshöhe schwankt je nach Standort: Auf trockener Erde bleibt sie mit ca. 10-15 cm relativ klein, während sie auf nährstoffreichem Boden bis zu zwei Meter groß wachsen kann
- Die Blätter der Ambrosia unterscheiden sich von denen des gemeinen Beifußes an der Blattunterseite: Die Blätter der Ambrosia sind unterseitig glatt und grün, die des gemeinen Beifußes sind hingegen weißfilzig
- Die Stängel der Ambrosia sind meist rötlich und behaart, sehr robust und verzweigen sich stark
Häufig wird Beifuß-Ambrosia mit einigen Doppelgänger-Pflanzen verwechselt. Dazu gehören Stauden-Ambrosia, Gemeiner Beifuß, Wermut, Weißer Gänsefuß und mehr. Hier finden Sie eine komplette Übersicht der Doppelgänger und die Unterscheidungsmerkmale.
„Wer die Pflanze auf eigenem Grund und Boden antrifft, kann selbst aktiv werden“, heißt es beim UBA. Am besten sei es, sie noch vor der Blüte samt Wurzel mit Handschuhen auszureißen. Blüht sie schon, sollte man eine Maske gegen Staub tragen. Allergiker hingegen sollten jeglichen Kontakt vermeiden.
„Die blühende Ambrosia-Pflanze gehört wegen der Gefahr der Weiterverbreitung nicht in Kompost, Biotonne oder Grünabfuhr, sondern, in einem Plastikbeutel verpackt, in den Restmüll“, heißt es weiter. Bei größeren Beständen sollten Betroffene sich bei der örtlichen Stadtreinigung erkundigen, ob die Pflanzen dort entsorgt und verbrannt werden können.
- Jeglichen Körperkontakt vermeiden
- Pflanze mit der Wurzel entfernen, nicht nur abmähen oder abschneiden.
- Handschuhe tragen, da Hautkontakt Allergien auslösen kann.
- Während der Blütezeit zusätzlich Mundschutz oder Feinstaubmaske verwenden.
- Ambrosia ausschließlich im Hausmüll entsorgen, niemals im Kompost.
- Fundstellen im öffentlichen Raum den zuständigen Behörden melden.
- Achten Sie beim Kauf auf das Label „Ambrosia controlled“.
- Ambrosia-Pflanzen im öffentlichen Raum sollten gemeldet werden. Dafür haben die jeweiligen Bundesländer bzw. Landkreise Anlaufstellen eingerichtet.
Bereits 2019 war von einer regelrechten Ambrosia-Plage in Deutschland die Rede. Besonders in Brandenburg, Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Hessen wurden größere Bestände gemeldet. 2020 warnte das Bayerische Gesundheitsamt vor der Asthma-Pflanze.
Heute ist Ambrosia in Deutschland stellenweise stark verbreitet - laut LUBW an gut belichteten, vegetationsarmen Standorten. Man finde sie zum Beispiel: auf Brachflächen, Neubaugebieten, Erddeponien, an Randstreifen und Böschungen von Wegen, Straßen, Autobahnen und Gleisen, aber auch in Gärten und landwirtschaftlich genutzten Flächen, auf denen etwa Sonnenblumen oder Mais angebaut werden.
Der Hauptverbreitungsweg ist, nach Auskunft von DWD-Expertin Kniffka, Vogelfutter: „In osteuropäischen Gebieten, in denen viel Vogelfutter angebaut wird, und auch dort, wo Sonnenblumen angebaut werden, tritt Ambrosia am häufigsten auf.“ Die Samen werden Kniffka zufolge über weite Strecken geweht - auch aus Nachbarländern nach Deutschland. Hinzu kommt, dass Samen der Pflanze über Jahre hinweg im Boden keimfähig bleiben können, was die Ausbreitung von Ambrosia fördert.
In Ungarn, Italien und Frankreich ist Ambrosia nach Angaben des Julius Kühn-Instituts (JKI), dem Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, schon länger als Problempflanze bekannt - nicht nur wegen der stark allergieauslösenden Pollen, sondern auch als lästiges Unkraut in der Landwirtschaft.
Zudem spiele auch hier der Klimawandel eine entscheidende Rolle, erklärt Kniffka. Denn die Pflanze ist nicht sehr frostresistent. Mittlerweile sei die Art in Deutschland etabliert, insbesondere im Süden und Südwesten, im südlichen Brandenburg und Hessen. „Vor allem im südlichen Brandenburg befindet sich ein Hotspot, wie unsere Messungen zeigen.“
Einige Bundesländer haben Meldesysteme eingeführt, über die ein Fund von Ambrosia-Bestand gemeldet werden können. Dazu gehören zum Beispiel Bayern, Baden-Württemberg, Berlin und Brandenburg.
Wer Ambrosia-Bestände sieht, sollte sie laut UBA dem örtlichen Grünflächen- oder Pflanzenschutzamt melden oder dem JKI. Allerdings gibt es in keinem Bundesland eine gesetzliche Melde- und Bekämpfungspflicht, wie jüngst eine Umfrage des ARD-Politikmagazins „Report Mainz“ ergab. Demnach gab etwa das Umweltministerium in Baden-Württemberg an, dass seit 2019 „aufgrund der großräumigen Verbreitung kein (…) systematisches Monitoring mehr möglich“ gewesen sei.
Ein Problem auch für Vorhersagen, wie Kniffka vom DWD schildert: „Um den Pollenflug zu modellieren, bräuchte man als Ausgangsinformation eine sogenannte Verbreitungskarte, in der das Vorkommen der Art möglichst räumlich genau erfasst ist.“ Es gebe aber nicht ausreichend Informationen über die tatsächliche Verbreitung der Pflanze in Deutschland.
Forschende des Helmholtz-Zentrums in München haben vor Jahren herausgefunden, dass Ambrosia ausgerechnet an Straßenrändern so richtig aggressiv wird. Stickstoffdioxid (NO2) aus Abgasen verursache bei ihr Stress. Dadurch verändere sich die Protein-Zusammensetzung der Pollen. Die Menge sogenannter allergener Proteine werde größer.
Für eine Studie hat Ulrike Frank am Helmholtz-Zentrum München die Ambrosia-Pflanzen Stickoxiden ausgesetzt, um die Bedingungen an Autobahnen nachzustellen. Anschließend mischte sie das Extrakt aus den Pollen mit Blutseren von Allergikern.
Das Ergebnis: Die Reaktionen auf die Pollen, die dem Abgas ausgesetzt waren, fielen deutlich stärker aus als auf normale Pollen. Denn die begasten Pollen haben andere Proteine gebildet - Feinstaub und Stickoxide führen zu großem Stress bei der Ambrosia-Pflanze und damit zu aggressiveren Pollen.
Hinzu kommt, dass die Luftverschmutzung auch Stress für den menschlichen Körper bedeutet. Es treffen also aggressivere Pollen auf ein gereiztes Immunsystem.
Ursprünglich stammt Ambrosia aus Nordamerika. Laut LUBW gelangten im 19. Jahrhundert Samen mit sonnenblumenhaltigen Saat- und Futtermischungen nach Europa. Heute hat sich die Pflanze an das mitteleuropäische Klima angepasst. Sie ist frostbeständiger geworden und kann auch in kühleren Regionen überleben.
mit dpa-Material
rnd