Vom Druckmittel zum Prestigeobjekt: wie Donald Trump seine Haltung zu Intel änderte – und dem Chiphersteller so zur Auferstehung verhalf

Zu Beginn seiner zweiten Amtszeit will Trump nichts mit dem amerikanischen Technologieunternehmen zu tun haben. Doch dann bleibt ihm keine andere Wahl.

Vor einem Jahr stand der amerikanische Computerchiphersteller Intel vor dem Aus. Im Dezember 2024 drängten die Mitglieder des Verwaltungsrats den CEO Pat Gelsinger zum Rücktritt. Ihm war es nicht gelungen, das Unternehmen aus einer langen, tiefen Krise zu führen. Wenige Wochen zuvor war zudem der amerikanische Präsident Joe Biden, der dem Unternehmen Subventionen in Milliardenhöhe versprochen hatte, vom Volk abgewählt worden. Der Wert von Intel-Aktien war im Dezember nahe dem historischen Tiefststand, mit um die 20 Dollar waren sie gerade noch ein Drittel so viel wert wie zu ihren besten Zeiten.
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Bidens Nachfolger Donald Trump wollte die Subventionen für Intel streichen. Das Schicksal des einstigen Technologiepioniers und einzigen amerikanischen Herstellers modernster Computerchips war Trump egal. Intels Unternehmensführung wirkte strategielos. Es schien nur eine Frage der Zeit, bis Intel Teile seines Unternehmens veräussern müsste, von einem Konkurrenten übernommen – oder gar bankrottgehen würde.
Zwölf Monate später ist alles anders. Intels Aktienkurs hat sich in der Zwischenzeit verdoppelt, steht so hoch wie lange nicht mehr. Potenzielle Kunden haben neues Vertrauen gefasst. Das Unternehmen ist ein wichtiger Teil von Trumps Strategie, die militärische und technologische Führerschaft gegenüber dem grossen Rivalen China zu behaupten. Intel soll für die USA modernste Chips herstellen, die essenziell sind für die Entwicklung von künstlicher Intelligenz und Präzisionswaffen.
Wie kam es, dass Intel plötzlich nicht mehr am Abgrund steht und stattdessen positiv in die Zukunft blickt? Die kurze Antwort lautet: Donald Trump. Indem er seine Haltung zu Intel in den vergangenen Monaten fundamental veränderte, machte er Intels Auferstehung überhaupt erst möglich.
Intel, Trumps Mittel zum ZweckAls Trump seine zweite Amtszeit antritt, sieht er alles negativ, was mit seinem Vorgänger Biden in Verbindung gebracht wird. So etwa die Chips Act, ein riesiges Programm zur Subventionierung von Chipfabriken in den USA. Und damit auch Intel, den Hauptprofiteur der Chips Act. Das Unternehmen sollte Subventionen in der Höhe von 7,9 Milliarden Dollar erhalten.
Am 4. März spricht Trump zum ersten Mal vor dem Kongress, wendet sich an Mike Johnson, den Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, und sagt:
«Ihre Chips Act ist eine schreckliche, schreckliche Sache . . . Sie sollten das Gesetz abschaffen.»

Die Chips Act trat unter Biden in Kraft, nachdem 2022 eine überparteiliche Mehrheit dafür gestimmt hatte. Politiker beider Parteien waren sich schon lange einig: Um die technologische und militärische Vorherrschaft der USA zu sichern, müssen amerikanische Firmen modernste Chips herstellen.
Biden fokussierte die Subventionen der Chips Act auf Intel, den einzigen amerikanischen Hersteller modernster Chips. Aber Intel, das sich seit Jahren in einer tiefen Krise befand, schlitterte trotz staatlicher Unterstützung immer weiter dem Ende entgegen.
Anfang 2025 fordern Intel-Aktionäre, dass das Unternehmen die extrem teure Chipproduktion einstellt und sich stattdessen auf die lukrativen Geschäftsbereiche konzentriert. Für die amerikanische Regierung bedeutete dies, plötzlich ohne heimischen Chiphersteller dazustehen.
Trump scheint trotzdem nichts mit Intel zu tun haben zu wollen und blockiert die Subventionen für Intel. Wahrscheinlich will er nicht Bidens Fehler wiederholen, alles auf Intel zu setzen.
Stattdessen benutzt Trump Intel zu Beginn seiner Amtszeit als Druckmittel. Sein Handelsminister Howard Lutnick führt Anfang Jahr Gespräche mit dem taiwanischen Hersteller TSMC, dem Branchenführer im Bereich modernster Chips. TSMC solle Intels Chipfabriken in den USA übernehmen, so der Vorschlag der Trump-Regierung.
«Die Idee diente der Regierung einzig dazu, Druck auf TSMC auszuüben», sagt Dan Hutcheson von der Analyseplattform Techinsights. Ein Zusammenschluss von Intel und TSMC sei immer unrealistisch gewesen, die Produktionsprozesse der beiden Firmen seien viel zu unterschiedlich. Was Trump eigentlich von TSMC gewollt habe, seien höhere Investitionen in den USA.
Trumps Plan geht auf: Im März kündigt TSMC an, in den USA über bereits bestehende Pläne hinaus zusätzlich 100 Milliarden Dollar zu investieren. Und die Gerüchte um einen Zusammenschluss von TSMC und Intel verstummen allmählich.
Intel, ein Problem, das Trump nicht länger ignorieren kannEnde Juli gibt Intel seine Zahlen für das zweite Quartal 2025 bekannt: 2,9 Milliarden Dollar Verlust insgesamt. Im Bereich Chipproduktion resultiert gar ein Minus von 3,2 Milliarden. Intel findet einfach nicht aus der Krise. Dem Intel-CEO Lip-Bu Tan bleibt nur eine radikale Reaktion: Um Geld zu sparen, stellt er in Aussicht, die Forschung an modernsten Computerchips zu stoppen.
Käme es so weit, würden weltweit nur noch TSMC und Samsung modernste Chips entwickeln und produzieren. Bei der Entwicklung und Herstellung von Hardware für zukunftsweisende Technologien wie KI oder für modernste Waffensysteme wären die USA fortan vollends auf ausländisches Know-how angewiesen.
Trump ist sich Intels strategischer Bedeutung für die USA zu diesem Zeitpunkt längst bewusst. Gemäss übereinstimmenden Medienberichten soll er die Übernahmegespräche zwischen TSMC und Intel zwar gutgeheissen, einen Verkauf Intels ins Ausland letztlich aber sehr kritisch gesehen haben.
Der Chip-Experte Hutcheson sagt rückblickend, im Juli sei Intel an einem Punkt angelangt, an dem es «too big to recover» gewesen sei. Zu gross, zu problembehaftet, um sich noch aus eigener Kraft erholen zu können. Und dass Intel die Entwicklung modernster Chips infrage gestellt habe, sei sicherlich einer der Gründe gewesen, warum Trump so wütend geworden sei.
Tatsächlich reagiert Trump vehement auf Intels möglichen Entwicklungsstopp bei modernsten Chips. Wahrscheinlich ahnt auch er, dass man Intel nicht einfach seinem Schicksal überlassen kann. Es ist wichtig, dass Intel an der Entwicklung modernster Chips festhält – das hätte Trump betonen können. Stattdessen greift er den Intel-CEO persönlich an. Am 7. August schreibt Trump auf dem sozialen Netzwerk Truth Social:
«Der CEO von Intel befindet sich in einem riesigen Interessenkonflikt und muss unverzüglich zurücktreten. Es gibt keine andere Lösung für dieses Problem.»
Trump spielt damit auf Investitionen an, die Tan gemäss der Nachrichtenagentur Reuters in Hunderte chinesische Firmen getätigt hatte.
Was Trump bei seiner Attacke auf den Intel-CEO nicht erwähnt: Tan hatte den Intel-Verwaltungsrat vor seinem Amtsantritt darüber unterrichtet. Und Reuters hatte über Tans Investitionen bereits im April berichtet. Dass Trump Tan deswegen erst Monate später attackiert, legt die Vermutung nahe: Es geht Trump dabei in Wahrheit um Intels gegenwärtige Geschäftsstrategie.
Intel und Trump, ein «grossartiger Deal»Dieser Eindruck bestätigt sich in den darauffolgenden Tagen. Am 11. August zitiert Trump Tan ins Weisse Haus. Neben den beiden nehmen auch Handelsminister Howard Lutnick und Finanzminister Scott Bessent am Treffen teil. Und kaum ist das Treffen vorbei, äussert sich Trump auf Truth Social positiv über Tan.

Am 22. August wird schliesslich deutlich, dass Trump Tans Vergangenheit nutzte, um Druck auf ihn und Intel auszuüben. Die amerikanische Regierung und Intel verkünden eine Teilverstaatlichung. Die versprochenen Subventionen in der Höhe von mittlerweile 8,9 Milliarden Dollar werden in ein Aktienpaket von 10 Prozent umgewandelt. Tan sei zu ihm gekommen, um seinen Job zu behalten, und am Ende habe er den USA 10 Milliarden Dollar gegeben, so formuliert es Trump. Und sagt auf Truth Social, worum es ihm wirklich geht:
«Das ist ein grossartiger Deal für die USA und Intel. Die Herstellung von modernen Computerchips, wie sie Intel betreibt, ist für die Zukunft unserer Nation von grundlegender Bedeutung.»
Trumps unorthodoxes Vorgehen ist gleichbedeutend mit der grössten staatlichen Investition seit der Finanzkrise im Jahr 2008, als die USA Banken und Autoherstellern unter die Arme griffen.
Für Intel ist damit die Trendwende eingeleitet. Nun steht fest, dass die Firma weiter modernste Computerchips entwickeln und produzieren wird. Der Chip-Nachschub für das amerikanische Militär ist gesichert, und das Unternehmen hat wieder eine Zukunft. Trump persönlich signalisiert das Intels potenziellen Kunden. Und diese trauen sich jetzt wieder zu investieren.
Das Tech-Investmentunternehmen Softbank steigt mit 2 Milliarden Dollar praktisch zeitgleich mit dem amerikanischen Staat bei Intel ein. Mitte September investiert der wichtigste KI-Chip-Designer Nvidia 5 Milliarden Dollar. Kurze Zeit später kommt erstmals das Gerücht auf, Intel könnte künftig für Apple Chips produzieren.
Die Investition Nvidias sowie die Berichte über eine Einigung mit Apple führen beide zu einem Anstieg des Aktienkurses um je 10 Prozent. Im Dezember liegt der Preis für eine Intel-Aktie phasenweise deutlich über 40 Dollar.
«Heute hat Intel sicherlich kein Geldproblem mehr», sagt Hutcheson von Techinsights. Mit der Teilverstaatlichung hat Trump die Lösung von Intels dringendsten Problemen initiiert. Und er machte Intel innert kurzer Zeit vom Problemfall zum Hoffnungsträger.
Jetzt muss der CEO Tan den Investoren beweisen, dass Intel das Geld richtig einsetzen und die technologischen Entwicklungen liefern kann, die sich die potenziellen Kunden erhoffen.
Trump dürfte mit ihnen hoffen. Anfangs hatte er noch verhindern wollen, wie Biden alles auf Intel zu setzen. Heute ist Trumps Einsatz deutlich höher. Scheitert Intel, scheitert auch sein «grossartiger Deal».
Ich mochte früher diese „ThinkPads“, vielleicht könnte intel TrumpPads bauen, ouupsi das war IBM. Gibt’s die noch ? AMD ist besser.
nzz.ch




