Erdkern dreht sich jetzt andersherum: Was bedeutet das für uns?

Tief im Inneren der Erde vollzieht sich ein überraschendes Phänomen. Der innere Kern, ein massiver Eisenball in der Größe des Mondes, hat die Richtung gewechselt. Eine neue Studie zeigt, dass dieser Prozess bereits seit Jahren abläuft und möglicherweise Teil eines wiederkehrenden Zyklus ist.
Seit Jahrzehnten gilt der innere Erdkern als stabiler Motor des Planeten. Nun hat ein internationales Team von der Peking University und der University of Southern California Hinweise entdeckt, dass diese Annahme so nicht mehr zutrifft. Laut einer Studie, die in der „Fachzeitschrift Nature Geoscience” erschienen ist, hat sich die Rotation des massiven Eisenballs tief im Erdinneren nicht nur verlangsamt, sondern auch die Richtung gewechselt. Eine solche Veränderung könnte weitreichende Folgen für Magnetfeld, Klima und geophysikalische Prozesse haben.
Die Entdeckung basiert auf der Messung von seismischen Wellen, die bei starken Erdbeben entstehen und den Erdkern durchqueren. Ihre Laufzeiten veränderten sich über Jahrzehnte hinweg in einem Muster, das nur durch Veränderungen in der Kernrotation erklärbar ist. Forscher gehen davon aus, dass ein solcher Richtungswechsel etwa alle 60 bis 70 Jahre stattfindet.
Die Rotation des Erdkerns beeinflusst zentrale Prozesse, die auch an der Erdoberfläche spürbar sind. Am wichtigsten ist das Magnetfeld, das als unsichtbarer Schutzschild gegen kosmische Strahlung dient. Wird es schwächer oder verändert sich seine Struktur, steigt die Anfälligkeit für Störungen in Satellitensystemen, Navigationsnetzen und Stromleitungen. Gleichzeitig könnte eine Verschiebung des Magnetfelds auch die Wanderungen der magnetischen Pole beschleunigen, was die Navigation mittels Kompass und zahlreiche technische Systeme beeinflussen würde.
Darüber hinaus wirkt sich die Rotation auf die Länge des Tages aus. Zwar handelt es sich nur um Schwankungen im Millisekundenbereich, doch selbst diese können sich auf hochpräzise Messsysteme, etwa in der Satellitentechnik oder Luftfahrt, auswirken.
Auch klimatische Prozesse stehen im Fokus der Forschung. Einige Hypothesen gehen davon aus, dass Veränderungen tief im Erdinneren indirekt die Strahlungsbilanz beeinflussen könnten. Zwar ist ein direkter Zusammenhang bisher nicht belegt, doch die Wissenschaft prüft, ob es langfristig messbare Effekte auf Wetter- und Klimasysteme gibt.
Der innere Kern besteht überwiegend aus festem Eisen und Nickel, hat einen Durchmesser von etwa 2.440 Kilometern und ist damit in etwa so groß wie der Mond. Er ist von einem flüssigen äußeren Kern umgeben, der durch Konvektionsströme und die Erdrotation elektrische Ströme erzeugt. Dieses Zusammenspiel bildet das Magnetfeld, ohne das Leben auf der Erde in seiner heutigen Form nicht möglich wäre.
Das Magnetfeld schützt die Atmosphäre vor dem Sonnenwind, der sie ansonsten über Milliarden Jahre hinweg abgetragen hätte. Gleichzeitig ermöglicht es die Navigation mit Kompass und beeinflusst zahlreiche technische Systeme. Jede Veränderung in der Dynamik des Kerns weckt daher das Interesse von Geophysikern und Raumfahrtforschern gleichermaßen.
Die Entdeckung war nur möglich, weil Erdbeben natürliche „Messinstrumente“ darstellen. Ihre Schockwellen durchdringen den gesamten Planeten und liefern damit Daten über Regionen, die sonst unerreichbar wären.
Forscher vergleichen diese Aufzeichnungen über Jahrzehnte hinweg und können daraus Veränderungen rekonstruieren. Der jetzt beobachtete Richtungswechsel wurde durch systematische Analysen von Erdbebenserien in Alaska, Chile und Indonesien nachgewiesen.
Anhand historischer Aufzeichnungen lässt sich rekonstruieren, dass ähnliche Richtungswechsel bereits in den 1960er-Jahren stattgefunden haben könnten. Damals wurden ebenfalls Schwankungen in der Tageslänge und im Magnetfeld dokumentiert, die sich mit den heutigen Beobachtungen decken.
Sollte sich dieser Rhythmus bestätigen, wäre der aktuelle Wechsel kein singuläres Ereignis, sondern Teil eines wiederkehrenden Musters. Für die Wissenschaft eröffnet dies neue Möglichkeiten, langfristige Vorhersagen zu treffen und die Dynamik des Erdkerns besser zu verstehen.
- Durchmesser: ca. 2.440 Kilometer
- Tiefe: rund 5.150 bis 6.370 Kilometer unter der Erdoberfläche
- Zusammensetzung: überwiegend Eisen und Nickel
- Temperatur: geschätzt bis zu 6.000 Grad Celsius
- Zustand: fest, umgeben von flüssigem äußeren Kern
- Rolle: zentral für die Erzeugung des Erdmagnetfelds
rnd