Der Fussballverband trennt sich von der Nationaltrainerin Pia Sundhage – das Vorgehen stellt dem SFV ein schlechtes Zeugnis aus

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Der Fussballverband trennt sich von der Nationaltrainerin Pia Sundhage – das Vorgehen stellt dem SFV ein schlechtes Zeugnis aus

Der Fussballverband trennt sich von der Nationaltrainerin Pia Sundhage – das Vorgehen stellt dem SFV ein schlechtes Zeugnis aus

Pia Sundhage wäre nach der erfolgreichen Heim-EM gerne weiter Nationaltrainerin geblieben. Doch die Verantwortlichen im Schweizerischen Fussballverband haben sich nach mehrmonatigem Zögern zu einem Neustart entschlossen.

Benedikt Koller

Aktualisiert
Ist nicht länger Trainerin des Schweizer Frauen-Nationalteams: die Schwedin Pia Sundhage.

Andreas Becker / Keystone

Das Lavieren des Schweizerischen Fussballverbands (SFV) ist beendet. Am Montagabend teilten die Verantwortlichen mit, dass der Verband nicht länger mit Pia Sundhage als Trainerin des Frauen-Nationalteams zusammenarbeiten will.

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In einer Medienmitteilung schreiben die Entscheidungsträger, Sundhage sei in einem Gespräch in Stockholm über die sofortige Auflösung des Vertrags informiert worden; der Kontrakt der 65-Jährigen wäre noch bis Ende Jahr gelaufen. Sundhage lässt sich im Communiqué mit durchaus kritischen Worten zitieren: «Ich hätte diese Reise gerne fortgesetzt. Ich bin über den Entscheid des SFV überrascht, respektiere ihn aber.»

Harte Trainings, Gerüchte über atmosphärische Störungen

Das Votum des SFV gegen Sundhage kommt keinesfalls überraschend. In den vergangenen Wochen hatte vieles darauf hingedeutet, dass der Vertrag mit der Schwedin nicht über das Jahresende hinaus verlängert wird.

Sundhage hatte das Schweizer Nationalteam im Januar 2024 von Inka Grings übernommen, eineinhalb Jahre vor der Europameisterschaft im eigenen Land. Die Schweizerinnen befanden sich damals in einer schwierigen Phase, der Verjüngungsprozess funktionierte nur bedingt. Spätestens, als das Team im Juni vor der EM auch noch aus der Top-Gruppe der Nations League abstieg, mehrten sich kritische Stimmen, ob Sundhage die richtige Trainerin für dieses Team im Umbruch ist. So war aus dem Umfeld des Nationalteams vor dem Turnier etwa zu hören, die Trainings der fordernden Schwedin seien zu hart. Darüber hinaus machten Gerüchte über atmosphärische Störungen die Runde.

Doch an der EM in diesem Sommer wuchs das Team um die Captain Lia Wälti über sich hinaus. Nach dem 1:2 im Eröffnungsspiel gegen Norwegen steigerte es sich kontinuierlich, begeisterte mit erfrischenden Auftritten und erreichte erstmals an einem grossen Turnier den Viertelfinal. Damit gewannen die Schweizerinnen auch die Herzen jener, die sich sonst nicht unbedingt für den Frauenfussball interessierten.

Nach der erfolgreichen Heim-EM zog sich Sundhage für einige Wochen in ihre Heimat Schweden zurück. Schon damals betonte sie, dass sie das Nationalteam gerne über das Jahresende hinaus coachen würde. Unter einer Bedingung: Ihre Assistentin sollte nicht wie bisher im Teilzeit-, sondern künftig im Vollzeitpensum angestellt sein.

Was dann folgte, stellt dem SFV ein schlechtes Zeugnis aus – und das nicht allein in kommunikativer Hinsicht: Zunächst teilte der Verband mit, er werde eine umfassende Analyse der Europameisterschaft machen. Als sich die Schweizer Fussballerinnen Mitte Oktober, also fast drei Monate später, zum ersten Zusammenzug nach dem Heim-Turnier trafen, war die Trainerfrage noch immer nicht geklärt. Mit seinem zögerlichen Vorgehen düpierte der Verband nicht nur eine Trainerin von Weltrang. Er verdeutlichte darüber hinaus, dass er seine Prioritäten falsch gesetzt hat. Zumal nach der Euphorie, die der Frauenfussball im Sommer im Land auslöste.

Der neue SFV-Präsident Peter Knäbel sagte nach seinem Amtsantritt Anfang August, sein Fokus gelte der WM-Qualifikation des Männer-Nationalteams in diesem Herbst. Das ist legitim. Doch Marion Daube, die Direktorin des Frauen-Nationalteams, hätte die Brisanz der offenen Trainerfrage erkennen müssen. Indem der Verband die bisherige Nationaltrainerin monatelang hinhielt, signalisierte er, dass der Professionalisierung im Frauenfussball noch immer nicht höchste Bedeutung beigemessen wird.

Vor den jüngst gewonnenen Testspielen gegen Kanada (1:0) und Schottland (4:3) stellte Daube dann in Aussicht, der Entscheid über Sundhages Zukunft erfolge bis spätestens Mitte November. Nun ist der Richtungsentscheid doch schon früher gefallen; der SFV strebt im Frauen-Nationalteam offensichtlich einen Neustart an.

Sundhages Nachfolge ist noch nicht geklärt

Der Zeitpunkt des Entscheids wirft Fragen auf. Hätte der Verband die Trainerfrage unmittelbar nach der EM geklärt, hätte die neue Trainerin nicht nur die Testspiele im Oktober, sondern auch den Zusammenzug Ende November mit den letzten zwei Partien des Jahres nutzen können, um die Spielerinnen vor der schwierigen Qualifikation für die WM 2027 in Brasilien kennenzulernen. Die WM-Qualifikation beginnt im Februar und endet mit den Play-offs im Dezember 2026. Am Dienstag um 13 Uhr findet die Auslosung der Qualifikations-Gruppen statt.

Neben dem Wechsel der Nationaltrainerin gab der SFV am Montagabend überdies strukturelle Anpassungen innerhalb der Direktion Frauenfussball bekannt. Der frühere Nationalspieler Johan Djourou übernimmt die technische Leitung des A-Nationalteams und der Junioren-Nationalteams. Die zentrale Frage, wer versuchen soll, die Equipe an die WM 2027 zu führen, werde bald geklärt, «der Nachfolgeprozess läuft». Schreibt jedenfalls der Verband.

nzz.ch

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