US-Konservative streiten über politische Richtung nach Trump

Phoenix. Die Jahreskonferenz der Jugendorganisation Turning Point USA des im September erschossenen rechten Aktivisten Charlie Kirk hat tiefe Gräben zwischen konservativen Kräften offengelegt. Kirks Witwe Erika gab zwar gleich zum Auftakt des viertägigen Treffens eine Unterstützungserklärung für eine mögliche Kandidatur von Vizepräsident JD Vance bei der Wahl 2028 ab. Doch der weitere Verlauf der Konferenz machte deutlich, wie schwer es für Vance sein dürfte, sich durchzusetzen und Präsident Donald Trump nachzufolgen.
Bekannte konservative Kommentatoren gingen in ihren Reden beim sogenannten AmericaFest gegenseitig aufeinander los und verbrachten mehr Zeit damit, gegen ihre republikanischen Rivalen auszuteilen als gegen jene auf der linken Seite des politischen Spektrums. „Man kann über AmFest sagen, was man will, aber langweilig ist es definitiv nicht“, sagte Erika Kirk, die seit der Ermordung ihres Mannes Charlie im September die einflussreiche konservative Organisation leitet. „Es fühlt sich an wie ein Thanksgiving-Essen, bei dem die Familie über die Familienangelegenheiten diskutiert.“
Es war definitiv ein sehr chaotisches Familienfest mit untergriffigen Attacken.

Ben Shapiro, einer der Gründer der konservativen Medienorganisation „Daily Wire“, und der ehemalige Trump-Berater Steve Bannon beschimpften sich gegenseitig vom Rednerpult aus. Und auch Ex-Fox-News-Moderator Tucker Carlson mischte mit. Neben Vorwürfen Shapiros, Leute wie Bannon und Carlson hätten keine Moral, ging es auch immer wieder um unterschiedliche Positionen zu Israel. Bannon sagte Shapiro und andere seien Teil der „Israel First Clique“, die nicht die USA an erste Stelle setze, wie es Trumps Schlagwort „America First“ eigentlich vorsehe. Carlson kritisierte ebenfalls die bedingungslose US-Unterstützung für Israel.
Knapp drei Jahre vor der nächsten Präsidentschaftswahl zeigte die Tagung jedenfalls, dass die Republikanische Partei auf der Suche nach einer Zukunft nach der Ära Trump keinen Weg gefunden hat. Wer solle nach Trump die Führung übernehmen, fragte Kommentator Carlson in seiner Rede auf der Konferenz. „Wer bekommt die Maschinerie, wenn der Präsident die Bühne verlässt?“

Vance hat sich bisher noch nicht eindeutig festgelegt, ob er 2028 antreten wird. Trump hat immer wieder auch eine eigene dritte Amtszeit angedeutet, was gemäß der Verfassung verboten ist. Er spekulierte aber auch über eine mögliche Kandidatur von Vance mit Außenminister Marco Rubio als Vizepräsidentschaftskandidat.
Mit der Unterstützungserklärung von Erika Kirk hat Vance, ein Freund ihres erschossenen Mannes, auf jeden Fall die Wortführerin einer enorm einflussreichen rechten Organisation auf seiner Seite. Die Tausenden jungen Freiwilligen von Turning Point könnten bei den republikanischen Vorwahlen viele Wähler für Vance mobilisieren.
Aber wie kann eine Republikanische Partei nach Trump überhaupt aussehen? Mit seiner Bewegung „Make America Great Again“ hat der Präsident sie zehn Jahre lang bestimmt. Dass es einen „Bürgerkrieg“ innerhalb der Republikanischen Partei gebe, sei jedenfalls falsch, sagte Carlson. Solche Gerüchte würden jene streuen, die eine Kandidatur von Vance verhindern wollten.

Andrew Kolvet, Sprecher von Turning Point, sprach von einer gesunden Debatte über die Zukunft der Bewegung, einem unangenehmen, aber notwendigen Prozess der Konsensfindung. „Wir sind keine gleichgeschalteten Kommunisten“, schrieb er auf X. „Lasst es einfach laufen.“
Zahlreiche Teilnehmer der Konferenz stellten sich jedenfalls klar hinter Vance, der auch Abschlussredner am Sonntag war. „Es muss JD Vance sein, weil er bei buchstäblich jeder Frage so großartig war“, sagte Tomas Morales, ein Videofilmer aus Los Angeles. „Es gibt keine andere Wahl.“
Vance selbst hat in seiner Rede die Abschaffung von Initiativen für mehr Vielfalt, die sich für historisch benachteiligte Gruppen wie Schwarze einsetzen, als großen Erfolg der US-Regierung gelobt. Präsident Donald Trump und seine Administration hätten die sogenannten DEI-Initiativen in ihrem ersten Amtsjahr in den „Mülleimer der Geschichte“ verfrachtet, „genau da, wo sie hingehören“, sagte Vance.
„In den Vereinigten Staaten von Amerika muss man sich nicht mehr dafür entschuldigen, weiß zu sein“, sagte der Republikaner vor einem jubelnden Publikum. Anders als die linken Demokraten behandelten Republikaner alle Menschen gleich, so der Vizepräsident weiter. Man erwarte von den Menschen allein, dass sie „großartige amerikanische Patrioten“ seien, sagte er.
RND/AP/dpa
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