Warken will realistisch sein: Pflegeversicherung bleibt Teilkaskoabsicherung

Berlin. Ein Spaziergang wird das nicht: Am Montag (7. Juli) startet die Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Reform der sozialen Pflegeversicherung (SPV). Reformbaustellen gibt es viele, Vorschläge dazu auch.
Erst am Donnerstag meldete sich der PKV-Verband mit einem 10-Punkte-Plan zu Wort. Ein Vorschlag: Es braucht mehr Anreize für private und betriebliche Vorsorge – in Ergänzung zum geltenden beitragsfinanzierten Umlageverfahren.
Am Freitag stellte Bundesgesundheitsministerin Nina Warken klar: Die gesetzliche Pflegeversicherung werde auch künftig nur einen Teil der Pflegekosten auffangen können. „Die Pflegeversicherung bleibt eine Teilkaskoversicherung. Mehr zu versprechen wäre unrealistisch“, sagte die CDU-Politikerin der „Funke-Mediengruppe“.
Warken: Politik muss Wege findenNeue Leistungen werde es auch nicht geben können, so Warken. Gleichwohl müsse die Politik Wege finden, damit die Betreuung im Altenheim bezahlbar bleibe, die Menschen privat für den Pflegefall vorbauen könnten und mehr häusliche Pflege möglich sei.
Sozialverbände und Gewerkschaften hatten zuletzt mehrfach auf die Einführung einer solidarischen Pflegevollversicherung gedrängt. Diese habe alle pflegebedingten Kosten abzudecken und werde von einer Mehrheit der Bundesbürger befürwortet.
Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe soll bis Ende des Jahres einen Plan erarbeiten, wie Pflege bezahlbar und leistungsfähig gehalten werden kann. Man schicke die Pflegeversicherung „in die Kur“, sagte Warken. Nach dem Jahreswechsel gehe es in die Gesetzgebung. Derzeit beziehen rund 5,6 Millionen Menschen Leistungen aus der SPV – Tendenz steigend.
Pflegekassen: Es steht viel auf dem SpielDie Pflegekassen erhöhten im Vorfeld des Treffens der Bund-Länder-AG den Druck. „Der Reformbedarf in der sozialen Pflegeversicherung ist riesig und die Aufgabe der Bund-Länder-Arbeitsgruppe alles andere als einfach. Dabei steht viel auf dem Spiel“, sagte die Vorstandsvorsitzende beim AOK-Bundesverband, Dr. Carola Reimann.
Die aktuelle Haushaltsplanung des Bundes greife deutlich zu kurz, um die Pflegefinanzen zu sanieren. Anstelle eines „unzureichenden“ Darlehens – geplant sind 500 Millionen Euro in diesem und 1,5 Milliarden Euro im nächsten Jahr – brauche es eine zügige Erstattung der Pandemiekosten, so Reimann. Die Pflegekassen beziffern die Aufwendungen aus der Corona-Zeit auf über fünf Milliarden Euro.
Reimann: Darlehen reichen nicht ausMittelfristig brauche es Strukturreformen, so die AOK-Chefin. „Um die Herausforderungen des demographischen Wandels zu meistern, ist es entscheidend, dass die individuellen Bedarfslagen der pflegebedürftigen Menschen und ihrer An- und Zugehörigen in den Fokus rücken.“ Nötig seien ein einfacheres und flexibleres Leistungsrecht und mehr Beratung.
Die Präsidentin beim Wohlfahrsverband AWO, Kathrin Sonnenholzner, erklärte, die Pflegeversicherung gehöre finanziell auf nachhaltig sichere Füße gestellt. „Dafür müssen alle Berufsgruppen und Einkommensarten in die Versicherung einzahlen, außerdem muss die Beitragsbemessungsgrenze angehoben werden.“
Wer Erben heranziehen wolle, müsse eine Erbschaftssteuer einführen, um die Bundeszuschüsse für Pflegeversicherung zu refinanzieren, so Sonnenholzner. Die Bund-Länder-Vertreter wollen am Montagnachmittag im Rahmen einer Pressekonferenz über die Ergebnisse ihres ersten Treffens zur Pflegereform informieren. (hom/dpa)
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