Banken profitieren trotz Krisen: Warum Commerzbank & Co. Rekordgewinne erzielen

Die Commerzbank lässt sich nicht lumpen. Das zweitgrößte private Kreditinstitut hierzulande hat für die ersten drei Monate des Jahres mit starken Geschäftszahlen überrascht. Obwohl es längst eine Überraschung mit Ansage war. Denn die Geldhäuser in Europa und jenseits des Atlantiks haben en gros hohe Gewinne eingefahren und neue Rekordwerte markiert.
Und dies trotz vielfältiger geopolitischer Krisen, trotz einer Stagnation in der deutschen Wirtschaft und trotz eines US-Präsidenten, der in seinem aberwitzigen wirtschaftspolitischen Kurs die ganze Welt (außer Russland) mit Strafzöllen überziehen will.
Die Commerzbank, die gerade einen Abwehrkampf gegen eine feindliche Übernahme durch die italienische Unicredit ausfechtet, hat in dieser Gemengelage den Gewinn für die Zeit von Anfang Januar bis Ende März unter dem Strich auf 834 Millionen Euro gesteigert. Vor Jahresfrist waren es nur 747 Millionen gewesen. „Wir haben den höchsten Quartalsgewinn seit 2011 erzielt und zeigen damit, dass wir auch in schwierigen Zeiten wachsen können“, sagte am Freitag die Vorstandsvorsitzende Bettina Orlopp.
Oder passiert dies gerade wegen der Verwerfungen? Jedenfalls kletterte der Überschuss aus dem Provisionsgeschäft zweistellig auf 545 Millionen Euro, vor allem wegen florierender Transaktionen mit Wertpapieren. Insbesondere die Kundinnen und Kunden der Tochter Comdirect „handelten angesichts der Schwankungen an den Börsen viel“, erläutert der Vorstand.
Allen voran die US-Großbanken wie JP Morgan Chase, Wells Fargo oder Morgan Stanley erzielten enorme Profite, weil auch Großanleger ihre Portfolios in großem Stil umgeschichteten. Für jede Transaktion kassieren die Kreditinstitute Gebühren von ihren Kunden. Zudem waren sie auf eigene Rechnung an den Börsen erfolgreich.
Einmal mehr bewahrheitet sich die alte Banker-Weisheit, dass es beim Geldverdienen mit Geld eigentlich gleichgültig ist, ob es aufwärts oder abwärts geht an Finanzmärkten. Hauptsache, es bewegt sich was. Und an Bewegung mangelte es im ersten Quartal nicht.
Beispiel Deutscher Aktienindex (Dax): Zunächst kletterte er eifrig und übersprang Anfang März die Marke von 23.400 Punkten. Dann holte Trump seinen Zollhammer raus und der Dax schmierte bis auf rund 19.600 Punkte ab. Jäh ging es wieder bergauf. Freitagvormittag wurde der Rekord von 23.529 Punkten erreicht.
Der hiesige Branchenprimus Deutsche Bank hat ebenfalls im ersten Quartal von der Volatilität der Märkte profitiert, und zwar beim Handel mit festverzinslichen Wertpapieren und Devisen. Die Erträge sprangen hier um die 17 Prozent nach oben. Trumps unberechenbares Hin und Her in der Handelspolitik hat die Risikoaufschläge für US-Staatsanleihen in die Höhe getrieben und den Dollar massiv geschwächt - hierbei lässt sich unter anderem mit Wetten auf sinkende Notierungen Geld verdienen.
All dies konnte bei zahlreichen europäischen Geldhäusern das vielfach schwächelnde Kreditgeschäft - wegen der sinkenden Zinsen - mehr als ausgleichen. So auch bei der Commerzbank, obwohl die Zinsüberschüsse im Vergleich zum Vorjahr von 660 Millionen auf 598 Millionen Euro zurückgingen.
Zugleich betonen Branchenkenner wie die Analysten von CMC Markets, die zähe Konjunktur in Europa habe dazu geführt, dass sich Banken in den vergangenen zwei Jahren „sturmsicher“ gemacht hätten. Vor allem, indem sie Kosten drücken. Ein wichtiger Faktor ist dabei die Digitalisierung. Commerzbank-Chefin Orlopp kehrt denn auch das „Momentum“-Projekt hervor. So können Nutzer der Banking-App sich seit Kurzem von einem Avatar bei ihren Transaktionen unterstützen lassen. KI-Lösungen kämen verstärkt zum Einsatz, damit Firmenkunden online auch komplexe Geschäfte eigenständig abwickeln könnten.
Es geht darum, Personalkosten zu drücken. Bis Ende 2027 will die Frankfurter Bank rund 3300 Vollzeitstellen in Deutschland streichen. An Niedriglohn-Standorten in Asien sollen hingegen Jobs geschaffen werden. Von den Anlegern gibt es dafür Applaus. Seit September hat sich der Kurs der Coba-Aktie fast verdoppelt und eine Komplett-Akquisition für Unicredit massiv verteuert. Die Italiener, die bereits Großaktionär sind, haben jedenfalls eine Entscheidung über eine Übernahme erstmal vertagt.
Wie es hier weitergeht, hängt auch massiv von der ökonomischen Großwetterlage ab. Auf der einen Seite: Der mächtige Chef von JP Morgan Chase, Jamie Dimon, etwa hat eindringlich vor einer Rezession in den USA gewarnt - falls Trumps Zoll-Fantasien tatsächlich Wirklichkeit werden. Er hat kürzlich vorsichtshalber 1,4 Milliarden Dollar zusätzlich zur Seite legen lassen, um seine Bank gegen Kreditausfälle abzusichern. Auch die Deutsche Bank operiert mit derartigen Rückstellungen.
Auf der anderen Seite jedoch hat dieselbe Bank in dieser Woche ein Team zusammengestellt, das sich speziell um Finanzierungen für die Rüstungsindustrie kümmern soll. Hier wird steigende Nachfrage erwartet - die Bundesregierung will die Verteidigungsausgaben massiv steigern. Zudem wird ein 500 Milliarden Euro starkes Sondervermögen für die Infrastruktur eingerichtet. Beides werde sich „ab dem nächsten Jahr definitiv sehr positiv auf die deutsche Wirtschaft auswirken“, sagte Orlopp am Freitag auf Bloomberg TV. Und dies werde „auch positive Auswirkungen auf die Commerzbank haben“.
rnd