Chelsea gewinnt Klub-WM – und Trump jubelt auf dem Siegerpodest mit

Nach dem Abpfiff eines Fußballspiels, das er geprägt, dem er seinen Willen aufgezwungen hatte, war Cole Palmer dann doch kurz überfordert. Der englische Offensivmann hatte den FC Chelsea praktisch im Alleingang zum Gewinner der ersten Ausgabe der kernsanierten Klub-WM gemacht mit einer herausragenden Leistung beim überraschenden 3:0 im Finale in New Jersey gegen Champions-League-Sieger Paris Saint-Germain.
Die ersten beiden Tore hatte Palmer selbst geschossen. Es waren zwei fast identische Treffer: mit der Innenseite seines linken Fußes schlenzte er den Ball aus rund 15 Metern links unten ins Netz. Den dritten Treffer durch João Pedros Lupfer bereitete er vor. Noch vor Ende der ersten Halbzeit war die Partie entschieden. Dank Cole Palmer.

Chelsea-Star Cole Palmer ist bei der Klub-WM zum Spieler des Turniers ausgezeichnet worden.
Quelle: IMAGO/Sportimage
Die Geschehnisse nach dem Spiel versetzten ihn allerdings in Erstaunen. Die Chelsea-Profis bekamen ihre Medaillen und die goldene Riesen-Trophäe von Fifa-Präsident Gianni Infantino und US-Präsident Donald Trump überreicht. Die beiden verbindet bekanntlich eine ausgezeichnete Beziehung, weshalb Trump die abschließende Partie von Infantinos XXL-Turnier mit seiner Anwesenheit beehrte.
Doch während der Fifa-Chef nach der Pokalübergabe aus dem Bild trat, um bei Chelseas Feierlichkeiten nicht im Weg zu stehen, verharrte Trump auf dem Siegerpodest, lächelte zufrieden, applaudierte - und war für ein paar Momente Teil der blauen Festgemeinde. „Ich war ein bisschen verwirrt“, sagte Palmer danach.
Mit der Szene endete ein Final-Tag, bei dem der Fußball fast Nebensache war. Die Endspiele großer Turniere wie der Champions League, einer EM oder WM sind immer auch Show. Musiker treten auf, Tänzer tanzen, Feuerwerk wird abgebrannt. Der Abschluss der Klub-WM hatte alle diese Elemente - und zusätzlich eine Portion Superbowl und einen Schuss Boxkampf.
Robbie Williams sang seine Turnier-Hymne, der die Besucher des Wettbewerbs in den vergangenen vier Wochen nicht hatten entkommen können, Trommler in goldenen Anzügen marschierten auf, es waren noch einmal die Fahnen aller Klub-WM-Teilnehmer zu sehen. Ach, Wydad Casablanca. Stimmt, RB Salzburg war auch dabei. Klar, fast vergessen: Auckland City. Dazu: Pyrotechnik, Rauch, Funken.

Ein bisschen Superbowl: Robbie Williams singt seine Klub-WM-Hymne.
Quelle: IMAGO/Gribaudi/ImagePhoto
Anders als bei den übrigen Spielen der Klub-WM kam die US-Hymne nicht vom Band, sondern wurde - wie beim Superbowl - live aufgeführt. Außerdem donnerten Düsenjets über das Stadion. Und dann war eben auch Trump anwesend - nicht zur Freude aller Zuschauer: als er bei der Nationalhymne kurz auf den Anzeigetafeln zu sehen war, waren Buh-Rufe zu hören. Box-Ansager Michael Buffer führte die Teams ein („Chelseaaaaaaaaaaaaa!“ und „Pariiiiiiiiis Saint-Germain!“) und forderte die rund 81.000 Menschen im Stadion in New Jersey auf: „Let‘s get ready to ruuuuuuuuuuuumble!“
Das Publikum war absolut bereit. Die Klub-WM hatte vor allem in der Vorrunde darunter gelitten, dass die Stimmung in den Stadien an die Atmosphäre auf Amateurplätzen bei Testspielen erinnert hatte. In den entscheidenden Partien des Turniers war das Ambiente aber dem Anlass entsprechend. Das galt auch im Finale. Wobei „dem Anlass entsprechend“ auch bedeutet: ganz anders als in der Bundesliga.
Die Atmosphäre bei Turnieren ist weniger vom Gegeneinander verschiedener Fangruppen geprägt und mehr eine Art Volksfest im Fußballtrikot. Beim Endspiel in New Jersey waren auf den Rängen neben den Leibchen von Chelsea und PSG die Hemden aller möglicher Vereine zu sehen, unter anderem von: Real Madrid, Barcelona, Flamengo, FC Bayern, Frankreich, Brasilien, Cosmos New York.
Was in den vergangenen vier Turnierwochen zu beobachten gewesen war, zeigte sich im Finale noch einmal in besonderer Ausprägung: dass die Zuschauer nicht nur zum Zuschauen kommen, sondern sich auch selbst inszenieren. In New Jersey hatten viele Fans praktisch durchgehend das Handy in der Hand, filmten sich, ihre Freunde, ihre Familien. Größter Triumph schien zu sein, die Aufmerksamkeit der Kameraleute der Fifa zu erregen - und für ein paar Sekunden auf der Anzeigetafel aufzutauchen.

Gegensatz zur Heiterkeit auf den Rängen: Tumulte nach dem Finale mit Paris-Trainer Luis Enrique (graues Shirt).
Quelle: Pamela Smith/ AP/dpa
Einen Gegensatz zur Heiterkeit auf den Rängen bildete das Geschehen auf dem Rasen, zumindest in der Schlussphase. PSG schien den Fußball erobert zu haben zuletzt mit dem Gewinn der Champions League durch das 5:0 gegen Inter Mailand und mit dem 4:0 im Halbfinale der Klub-WM gegen Real Madrid - eigentlich doch die Könige großer Spiele. Das Finale gegen Chelsea sollte zur nächsten Krönungsmesse für Paris werden.
Doch neben dem Spiel verlor das Team auch noch die Kontrolle: João Neves flog vom Platz, weil er Chelsea-Verteidiger Marc Cucurella herzhaft in die Locken griff. Als das Spiel vorbei war, kam es auf dem Platz zu einer Keilerei, bei der Torwart Gianluigi Donnarumma und Trainer Luis Enrique prominente Rollen hatten. Er habe einfach eine weitere Eskalation verhindern wollen, sagte Enrique. Let‘s get ready to rumble!
Enriques Gegenüber Enzo Maresca formulierte zum Abschluss der Klub-WM einen Satz, der Fifa-Chef Infantino freuen dürfte. Angesprochen darauf, was ihm der Gewinn des Turniers bedeuten würde, sagte der Chelsea-Coach: „Ich glaube, dieser Wettbewerb wird wichtiger als die Champions League.“ In der europäischen Königsklasse kam es bisher jedenfalls nicht vor, dass der US-Präsident mit auf dem Siegerfoto war.
rnd