Bundesliga: Kasper Hjulmand neuer Trainer in Leverkusen

Der frühere dänische Nationaltrainer Kasper Hjulmand wird neuer Chefcoach bei Fußball-Bundesligist Bayer Leverkusen. Der Werksverein hatte vor einer Woche überraschend bereits nach zwei Spieltagen seinen bisherigen Trainer Erik ten Hag entlassen. Dem Niederländer waren fehlende Struktur im taktischen System und mangelhafte Kommunikation mit der Mannschaft vorgeworfen worden. Mit Hjulmand folgt nun ein Trainer, der als guter Kommunikator gilt und stark auf Befindlichkeiten und Bedürfnisse seiner einzelnen Spieler eingeht.
"Wir freuen uns sehr über die Verpflichtung von Kasper Hjulmand, dessen Wirken wir über einen langen Zeitraum hinweg aufmerksam verfolgt haben", wird Bayer 04-Geschäftsführer Sport Simon Rolfes auf der Internetseite des Klubs zitiert und wies darauf hin, dass Hjulmands Co-Trainer bei der dänischen Nationalmannschaft, Ismael Camenforte, parallel auch in Leverkusen tätig war.
Hjulmands Trainingsmethodik sei demzufolge "bei uns im Klub detailliert bekannt und auch Kasper kennt unseren Verein aus den letzten Jahren bestens. Er wird nun mit unserer Mannschaft zunächst wieder einen klaren und dominanten Spielstil erarbeiten. Kasper ist der Richtige, um unsere neue Werkself wieder zu einer Topmannschaft zu entwickeln", so Rolfes.
Der Däne unterschrieb einen Vertrag bis Sommer 2027. Er wird am Freitagabend beim Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt erstmals auf der Leverkusener Bank sitzen. "Ich habe Bayer 04 immer als einen sehr gut geführten, bestens strukturierten und hochambitionierten Klub wahrgenommen. Dieser Eindruck hat sich in den vergangenen Tagen bestätigt", erklärt der 53-Jährige in der Mitteilung seines neuen Vereins. "Es ist eine Auszeichnung, ein solches Team anvertraut zu bekommen."
Die Mannschaft erlebte in der Sommerpause und bis zum Ende der Transferperiode am 1. September einen großen Umbruch mit den Abgängen zahlreicher Leistungsträger wie Florian Wirtz, Granit Xhaka, Jonathan Tah und Jeremie Frimpong. Der neu zusammengestellte Kader holte in der neuen Saison in den ersten beiden Spielen gegen die TSG Hoffenheim (1:2) und bei Werder Bremen (3:3) bislang erst einen Punkt.
Guter Umgang mit Fall EriksenHjulmand war von 2020 bis 2024 Nationaltrainer seiner Heimat Dänemark. Dort machte er nicht nur mit guten sportlichen Ergebnissen auf sich aufmerksam. Einen besonders schwierigen Moment seiner Karriere erlebte Hjulmand beim Auftaktspiel der Fußball-Europameisterschaft 2021, als der dänische Mittelfeldspieler Christian Eriksen auf dem Platz zusammenbrach und minutenlang reanimiert werden musste. Nicht nur das dänische Team stand unter Schock.
Hjulmand reagierte in dieser Extremsituation mit bemerkenswerter Klarheit und Menschlichkeit. Er stellte das Wohl seines Spielers über alles, sprach offen über die emotionale Belastung und gab seiner Mannschaft Raum zur Verarbeitung. Der Trainer verzichtete bewusst auf Druck, setzte auf Gespräche, Nähe und Vertrauen.

Diese Art der Führung wurde zum Fundament für eine sportliche wie menschliche Wiederauferstehung. Dänemark kämpfte sich bis ins Halbfinale, getragen von Zusammenhalt und einem Trainer, der in der Krise Haltung bewies.
Schlechter lief es mit dem Vorrunden-Aus bei der WM 2022 in Katar. 2024 war das 0:2 im EM-Achtelfinale gegen Deutschland Hjulmands letztes Spiel als Nationaltrainer.
Kurze Zeit in der Bundesliga bei Mainz 05Der 53-Jährige ist auch in der Bundesliga kein Unbekannter. Vor elf Jahren arbeitete er mit mäßigem Erfolg als Chefcoach in Mainz und wurde nach nur einem Dreivierteljahr wieder beurlaubt. Als Nachfolger von Thomas Tuchel schied er zunächst in der Qualifikation zur Europa League und der ersten Rundes des DFB-Pokals aus. Anschließend blieb er mit den Mainzern zwar in den ersten acht Bundesliga-Spieltagen ungeschlagen, musste dann aber nach dem 21. Spieltag seinen Hut nehmen, weil der Klub in der Tabelle in Richtung Abstiegszone abgerutscht war.

In seiner Heimat war Hjulmand als Vereinstrainer des FC Nordsjaelland erfolgreich. Er führte den Klub 2011 zur nationalen Meisterschaft. Zuletzt war er als Berater des dänischen Fußballverbands DBU beim Aufbau eines Jugendcampus tätig. Hjulmand ist studierter Sportwissenschaftler und Sportmanager. Er ist verheiratet und hat drei Kinder. Nun wird er der erste dänische Cheftrainer bei Bayer Leverkusen.
Enge Verpflechtung mit der Bayer AGDer Verein ist seit seinem Bundesliga-Aufstieg im Sommer 1979 ununterbrochen Mitglied der obersten deutschen Spielklasse. Trotz vieler herausragender Spieler, die seitdem für die Werkself aufliefen, konnte der Verein bislang erst fünf Titel feiern. Nach dem Gewinn des UEFA-Cups 1988 und dem Erfolg im DFB-Pokal 1993 dauerte es 31 Jahre bis zum nächsten Titel. 2024 gewann die Mannschaft unter Trainer Xabi Alonso das Double aus Meisterschaft und Pokal und gewann im Anschluss gegen Vizemeister VfB Stuttgart auch den den DFB-Supercup.

Anders als andere Bundesligisten hat der Verein eine besondere Struktur. Die Bayer 04 Leverkusen Fußball GmbH ist eine 100-prozentige Tochter der Bayer AG und ging aus dem Werksverein hervor, der 1904 von Mitarbeitern des Chemiekonzerns gegründet wurde.
Die Bayer AG ist alleiniger Gesellschafter und unterstützt den Verein infrastrukturell sowie finanziell. Es besteht ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag, der besagt, dass sämtliche Gewinne der Fußball-GmbH an die Bayer AG abgeführt werden. Im Gegenzug übernimmt die Bayer AG aber auch sämtliche Verluste, die im operativen Geschäft entstehen.
Das Konstrukt verstößt eigentlich gegen die 50+1-Regel, die in Deutschland für Profifußballvereine gilt. Für Bayer Leverkusen gibt es aber genau wie für den VfL Wolfsburg, als 100-prozentige Tochter der Volkswagen AG, eine Ausnahmeregelung, die bei Traditionalisten immer wieder für Proteste sorgt.
dw