Buckelwal in der Ostsee vor Rügen? Video löst Sorgen im Internet aus

Nonnevitz. Spektakuläres Video: Urlauber haben am Dienstag (15. Juli) einen Wal in der Ostsee vor der Insel Rügen gefilmt. Der Clip wurde nach Angaben der Tierrettung Vorpommern-Rügen vor Nonnevitz aufgenommen. Mehrere Urlauber haben demnach Videos an die Tierschützer geschickt.
In einem rund einminütigen Film, der auf Facebook kursiert, ist ein Tier im Wasser zu sehen. Mehrfach taucht eine große Schwanzflosse auf und platscht auf die Oberfläche. Auch ist zu sehen, wie das Tier das Blasloch auspustet.
Nach Angaben der Tierschützer dauerte das Schauspiel rund 15 Minuten. Es soll mehrere Aufnahmen von dem Ereignis geben.
Wie das Deutsche Meeresmuseum auf OZ-Nachfrage bestätigt, handelt es sich bei dem Tier um einen männlichen Buckelwal. „Unsere Expertin Judith Denkinger ist sich sicher, dass es derselbe Wal ist, der zuletzt vor Hiddensee gesichtet wurde“, teilte die Sprecherin Almut Neumeister mit.
Es sei ein noch junger etwa acht bis zehn Meter langer Meeressäuger, der sich in die Ostsee verirrt habe. Üblicherweise lebten Buckelwale im Nordatlantik. Die Ostsee als Binnenmeer sei zu klein, hier gebe es auch zu wenig Nahrung für Tiere dieser Größe.
Laut Neumeister könnte der Wal durch Unterwasserlärm, etwa durch Schiffsmotoren, Rammarbeiten für Offshore-Windräder oder Sonare, gestört worden sein. Möglich sei auch, dass er seiner Nahrung nachgeschwommen ist und so die Orientierung verloren hat.
Buckelwale sind sogenannte Bartenwale. Sie ernähren sich hauptsächlich von Krill und Fischen, indem sie ihre Nahrung mit ihren zahnähnlichen Barten aus dem Wasser filtern.
Wie lange diese Tiere in der Ostsee überleben können, ist Neumeister zufolge unklar. „Dass der Buckelwal jetzt schon mehrere Monate hier bei uns ist, zeigt, dass bisher ausreichend Nahrung vorhanden war.“ Die Videos vom Dienstag machten allerdings nur einen kleinen Teil des Wals sichtbar – zu wenig, um einschätzen zu können, wie der Gesundheitszustand des Meeressäugers ist.
In den Kommentaren im Internet freuen sich viele über das Tier. Andere Zuschauer zeigen sich aber auch besorgt. So fragt Gudrun Ongrowski: „Ist das aber nicht auch ein Zeichen, dass mittlerweile zu viele Offshore-Anlagen im Meer sind? Ich denke, sie orientieren sich – wie Delphine – über Ultraschallsignale und diese werden dadurch gestört.“
Gabriel Maiwald meint: „Drücken wir dem kleinen Kerl die Daumen, dass es für ihn gut ausgeht.“ Und Herbert Hülsbergen sagt: „Hoffentlich findet er schnell den Ausgang zur Nordsee, sonst verhungert er binnen drei Wochen.“
Das Verhalten des Tieres interpretiert Hans-Jürgen Kaufhold so: „Er scheint nach anderen Walen zu suchen. Wale schlagen oft aufs Wasser, um mit anderen Walen auf größere Distanzen zu kommunizieren.“
Wer das Tier sieht, solle aber Abstand halten und sich ruhig verhalten. „Bitte nicht stören, sonst ist der Wal zusätzlich gestresst!“, sagt die Expertin. Eine Gefahr gehe von dem friedlichen Riesen nicht aus.
Zuletzt war Anfang Mai vor Ahrenshoop und am Ostersonntag vor der Insel Hiddensee ein Wal entdeckt worden. In letzterem Fall beschrieb ein Hobbyangler, wie das Tier etwa 20 Minuten in der Nähe seines Bootes blieb und dann unter ihm hindurchtauchte.
Das bestätigt die Sprecherin des Deutschen Meeresmuseums: „Dieses Verhalten wird bei Walen beobachtet, die Kontakt zu ihren Artgenossen aufnehmen wollen“, sagt Neumeister.
Auch weil es an diesen in der Ostsee fehlt, müsse der Buckelwal früher oder später den Weg zurück über die Nordsee in den Nordatlantik finden, um zu überleben. Helfen könne man ihm dabei nicht.
Das Deutsche Meeresmuseum in Stralsund bittet darum, die Sichtung von Meeressäugern in der Ostsee zu melden. Per E-Mail an: [email protected]. Für Totfunde in MV gibt es zusätzlich die Telefonnummer 03831 2650 3333. Bei Lebendstrandungen lautet die Hotline: 0173 9688 267.
Zuletzt waren Anfang Mai vor Ahrenshoop und am Ostersonntag vor der Insel Hiddensee Wale entdeckt worden. Einmal hatten Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr aus dem Ostseebad das Tier bei einer Übungsfahrt entdeckt. In dem anderen Fall beschrieb ein Hobbyangler aus Lübeck, wie das Tier etwa 20 Minuten in der Nähe seines Bootes blieb und dann unter ihm durchtauchte.
Schon damals wurde spekuliert, dass es sich in beiden Fällen um einen Buckelwal handeln könnte, den polnische Umweltschützer und Seenotretter im Februar vor der Ostseeküste aus einem Fischernetz befreit hatten. Dort hatte sich das etwa sieben Meter lange Jungtier vor dem Ostseebad Misdroy verheddert, wie ein Mitarbeiter des Wolin-Nationalparks der Nachrichtenagentur PAP sagte. Das Tier war damals unverletzt befreit worden.
Dieser Artikel erschien erstmals in der „Ostsee-Zeitung“ – Partner im RedaktionsNetzwerk Deutschland.
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